© Copyright 2001 - 2021 Jan Balster - Alle Rechte vorbehalten. (Bildjournalist, Reisejournalist,
Autor und Globetrotter)
Anziegen

Nicht
Missernten
sind
es,
die
weltweit
die
Nahrungsmittelpreise
in
schwindelerregende
Höhen
treiben.
Es
sind
die
Leute
vor
den
Börsencomputern,
die
Glücksritter,
die
den
Ärmsten
das
Brot
so
sehr
verteuern,
dass
sie
Hunger
leiden
müssen.
Sie
hungern,
damit
der
Börsenspekulant reich wird. Satt ist der immer.
Wenn
ich
Sonntags
diese
weiße,
klebrige
Masse
aus
dem
Kochtopf
schöpfe,
mir
der
Wasserdampf
in
die
Nase
steigt,
dann
denke
ich
an
Hùng.
Dann
sehe
ich
ihn
und
eine
Horde
älterer
Landarbeiter
in
den
Feldern
Vietnams
stehen.
Ihr
hartes
Leben
hat
sich
als
tiefe
Falten
in
ihre
Gesichter
eingegraben.
Manchmal
waten
sie
den
gesamten
Tag
knietief
im
Wasser.
Sie
hacken,
sie
graben,
sie
pflanzen,
meist
in
gebückter
Haltung.
Sie
treiben
ihren
Wasserbüffel
voran,
das
Arbeitstier,
welches
sie
nur
dann
mit
der
Rute
antreiben,
wenn
es
träge
wird.
Sie
lieben
ihn,
den
oft
einzigen
Besitz.
Das
merkt
man,
wenn
man
hört,
wie
sie
ihm
zureden,
wenn
sie
mit
der
Hand
über
seinen
Rücken
streifen.
Dazu
bedarf
es
keiner
Sprachkenntnisse.
Es
genügt,
dem
Tonfall
der
Reisbauern
zu
lauschen.
Ähnlich
wie
der
Büffel
plagt
sich
Hùng,
während
er
dem
Vater
hilft.
Und
der
Vater
sagt
dann:
»Die
jungen
Leute
sind
diese
Knochenarbeit
nicht
mehr
gewöhnt,
aber
essen
wollen
sie
auch.«
Dennoch
freut
er
sich,
wenn
ihn
die
Söhne
aus
der
Stadt
besuchen
und
ihm
ein paar Handgriffe abnehmen.
Weit weg im Supermarkt macht der
Geiz geizig
Das
Leben
dieser
Menschen
ist
weit
weg
und
geht
uns
als
Bewohner
der
westlichen
Welt
nichts
an,
wenn
wir
als
Konsumenten
durch
die
Supermärkte
drängeln.
Immer
sind
wir
auf
der
Suche
nach
dem
Schnäppchen.
Und
die
Werbeindustrie
macht
uns
dabei
noch
ein
gutes
Gewissen,
Geiz
macht
gierig!
Doch
zurzeit
will
bei
unseren
Shoppingtouren
nicht
so
rechte
Freudenstimmung
aufkommen.
Die
Preise
für
Weizen,
Mais,
Milch,
Öle
und
Reis
sind
in
den
vergangenen
anderthalb
Jahren*
(
Bezugszeitraum
2008,
laut
Ernährungs-
und
Landwirtschaftsorganisation
der
Vereinten
Nationen
)
in
dramatischem
Maße
gestiegen.
Dies
wiederum
ist
für
Spekulanten
an
den
Börsen,
von
äußerster
Wichtigkeit.
Kein
anderes
Thema
beschäftigt
sie
mehr.
Oft
können
sie
zwischen
Immobilienkrise
und
Konsumentenmisstrauen
nächtelang
nicht
ruhig
ins
Bett
kriechen.
Die
Agrarkurse
an
der
Chicagoer
Board
of
Trade
sind
kräftig
geklettert.
Was
für
ein
Festival
gab
es
dort,
als
im
April
2008
der
Reispreis
auf
den
Märkten
der
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Hauptstadt
Port-
au-Prince
um
beinah
80
Prozent
anstieg.
Diese
Sprünge
erleben
wir
sonst
nur
bei
Öl
oder
New
Economy
Titeln.
Genau
dort
traden
die
schlimmsten
Profiteure.
Sie
verdienen
übermäßig
viel
Geld
damit,
dass
die
Nahrungsmittelpreise
anschwellen.
Hier
lebt
der
Zynismus:
die
Weltbörsen
verbrauchen
keine
Nahrungsmittel,
aber
sie
sind
es,
welche
die
Weltmarktpreise in die Höhe treiben.
Es gibt genug Reis für jedermann
Genau
dort
schlummert
die
Bosheit.
Obwohl
es
genügend
Reis
für
jeden
Menschen
gibt,
erhalten
viele
nicht
eine
Schüssel
dieses
Grundnahrungsmittels.
Sie
können
sie
einfach
nicht
mehr
bezahlen.
Hungeraufstände
sind
die
Folge.
Häufig
gibt
es
Tote
wie
bei
den
jüngsten
Unruhen
in
Haiti*
(vergleiche
Tagesspiegel
10.
April
2008,
Handelsblatt
13.
April
2008
).
Dann
haben
die
Fernsehsender
etwas
zu
berichten.
Etwas,
das
actionreicher
ist
als
die
Berichte
über
die
alltäglich
verhungernden,
bettelnden
Kinder,
Frauen
und Männer überall in unserer Welt.
Man
versucht
Ursachen
für
die
gestiegenen
Weltmarktpreise
für
Grundnahrungsmittel
zu
finden.
So
nimmt
die
deutsche
Welthungerhilfe*
(
Welthungerhilfe,
»
Hunger
im
Überfluss
«)
an,
dass
die
erhöhte
Nachfrage
nach
Biosprit,
die
teuren
Energiepreise,
die
ersten
Auswirkungen
des
Klimawandels
und
vermehrte
Dürren
schuld
seien.
Doch
werden
nicht
auch
Nahrungsmittel
von
gewinnbewussten
Händlern
in
Speichern
zurückgehalten?
Einzig
in
Vietnam,
neben
Thailand
der
größte
Reisexporteur
der
Welt,
drohen
harte
Strafen
für
Reisprofiteure.
Dagegen
beschäftigt
beispielsweise
Paraguay
das
Militär*
(
amnesty
-
Magazin
der
Menschenrechte
,
September
2008,
Herausgeber
Amnesty
International,
Schweizer
Sektion
),
um
die
Menschen,
welche
ihre
Nahrung
nicht
bezahlen
können,
von
den
Ausgabestationen
fern
zu
halten.
Offiziell
nennt
man
das
»Verhinderung
von
Plünderungen«.
Aber
tatsächlich
werden
damit
in
erster
Linie
die
Spekulanten
geschützt,
die
darauf
wetten,
dass
sie
ihren
gelagerten
Reis
mit
noch
mehr
Gewinn
verkaufen
können.
Tritt
dieser
Faktor
nicht
ein,
vergammeln
die
Nahrungsmittel in den Silos.
Bauern, die nichts mehr verdienen, können auch nichts mehr
kaufen
Obendrein
wird
nicht
nur
an
die
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verkauft.
Zahlt
diese
zu
wenig,
wie
beispielsweise
beim
Mais,
so
entschließt
man
sich
-
wie
beispielsweise
die
USA*
(
EuropaBio’s
-
the
European
Association
for
Bioindustries
)
,
diesen
nicht
an
Nachbarländer,
sprich:
nach
Mexiko*
(
TAZ,
Interview
mit
Herrn
Parnreiter,
»Die
Kleinbauern
werden
verdrängt«
vom
16.
April
2008
)
zu
geben,
sondern
lieber
an
Biosprithersteller
zu
verkaufen.
Wie
skrupellos
aber
muss
ein
Mensch
sein,
der
seinen
Nachbarn
verhungern
lässt,
bloß
weil
sein
Auto
immer
mehr
Sprit
braucht,
da er zu faul ist, zum nächsten Supermarkt 200 Meter zu Fuß zu gehen.
Der
Ratschlag
zur
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erscheint
da
beinah
zynisch.
Denn
gerade
in
Südasien
ist
eine
Erweiterung
kaum
noch
möglich.
Dort
werden
bereits
94
Prozent
der
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verwertet.
Eine
Ausdehnung
ist
maximal
in
Russland
oder
Lateinamerika
möglich.
Aber
das
reicht
nicht
aus,
dazu
braucht
man
Bauern
und
diese
sind
nur
da,
wenn
die
hohen
Preise
auch
bei
ihnen
ankommen.
»Wenn
wir
Bauern
zu
wenig
verdienen«,
sagte
mir
Hùngs
Vater
vor
drei
Jahren
(2005),
»dann
sind
wir
auch
keine
Konsumenten
mehr.
Wir
werden
nichts
mehr
kaufen,
weil
wir
ganz
einfach
kein
Geld
mehr
haben.
Um
das
zu
begreifen,
brauche
ich
kein
Studium
der
Volkswirtschaften.«
Veröffentlicht: Eurasisches Magazin, Mai 2008
“Vietnam”
Reportagen aus dem Land der
Drachen und Feen
zum Buch
Vom Zynismus des Hungers
Gedanken zwischen Reis und Sprit